Pflichtteil

Urteile zum Pflichtteilsrecht


OLG München Beschluss vom 10.10.2018

28 Jahre nach dem Tod der Mutter beantragte der enterbte Sohn Grundbucheinsicht in die auf den Vater übergegangene Immobilie. Er wollte imHinblick auf mögliche zukünftige Pflichtteilsansprüche prüfen, ob sein Vater noch Alleineigentümer war. Das Grundbuchamt lehnte die Einsicht ab. Die dagegen eingelegte Beschwerde wurde durch das Gericht zurückgewiesen. Ein nur zukünftiges Erb- oder Pflichtteilsrecht begründet keinen Anspruch auf Grundbucheinsichtnahme gegen den künftigen Erblasser ( AZ 34 Wx 293/18 ).
OLG Köln Beschluss vom 27.09.2018

In diesem Fall hatten die Eltern ein Berliner Testament verfasst, nach dem Tod des Erstversterbenden sollte also zunächst der überlebende Ehegatte Alleinerbe werden und die gemeinsamen Kinder nach dem Tod des Letztversterbenden Schlusserben. Im Testament befand sich auch eine Pflichtteilsstrafklausel, wonach das Kind, welches nach dem Tod des Erstversterbenden den Pflichtteil verlangt, auch nach dem Tod des Letztversterbenden nur den Pflichtteil erhält. Nach dem Tod des Erstversterbenden forderte ein Kind Auskunft über den Nachlasswert, gleichzeitig teilte es mit, dass es gegen eine Zahlung von 10.000 DM, die auf das spätere Erbe angerechnet werden sollte, auf die Auskunft und den Pflichtteil verzichten würde. Der Vater zahlte die 10.000 DM. Das Gericht entschied, dass schon dieses Schreiben als Geltendmachung des Pflichtteils anzusehen sei und daher die Strafklausel auslöste. Nach dem Tod des Vaters erhielt das Kind daher ebenfalls nur den Pflichtteil ( AZ 2 Wx 314/18 ).


BGH Urteil vom 14.3.2018

Der Kläger in diesem Fall machte Pflichtteilsergänzungsansprüche nach dem Tod seines Vaters geltend. Der Vater hatte im Jahr 1997 seine Haushälfte auf seine Ehefrau übertragen. Die zur Finanzierung des Hauses von beiden Eheleuten zu zahlenden  Darlehensraten wurden vom Konto des Vaters abgebucht. Die Ehefrau wurde als Alleinerbin eingesetzt. Der Kläger verlangte von der Ehefrau hinsichtlich der gezahlten Zinsen Pflichtteilsergänzung. Nachdem die Vorinstanzen einen solchen Anspruch verneint hatten, hob der BGH diese Entscheidungen auf und stellte fest, dass ein solcher Anspruch durchaus in Betracht kommt. Da beide Eheleute als Gesamtschuldner die Zinsen schuldeten, stelle die alleinige Zinszahlung durch den Ehemann grundsätzlich eine ergänzungspflichtige Schenkung dar. Während intakter Ehe könne aber die grundsätzlich hälftige Beteiligung der Gesamtschuldner an den Belastungen vielmehr von der ehelichen Lebensgemeinschaft in der Weise überlagert werden, dass sich im Innenverhältnis
zwischen den Ehegatten eine andere Aufteilung ergibt.  Es sei daher noch zu überprüfen, ob es besondere Absprachen zwischen den Eheleuten gab, die zu einer Abweichung von der hälftigen Aufteilung im Innenverhältnis führen. Der BGH verwies das Verfahren daher zur weiteren Aufklärung zurück an das OLG ( AZ IV ZR 170/16 ).


Urteil des OLG Hamm vom 26.10.2017

In diesem Fall hatte der Erblasser seine beiden Söhne enterbt und ihnen auch den Pflichtteil entzogen. Als Erben hatte er seinen Bruder und seine Lebensgefährtin eingesetzt. Ein Sohn war bereits verstorben. Der Sohn des verstorbenen Sohnes machte nach dem Tod seines Großvaters Pflichtteilsansprüche geltend. Er berief sich darauf, dass in dem Testament lediglich seinem Vater der Pflichtteil entzogen wurde, nicht jedoch dessen Abkömmlingen. Das OLG Hamm folgte dieser Argumentation und entschied, dass die Hälfte des Nachlasses als Pflichtteil an den Kläger ausgezahlt werden müsse ( AZ 10 U 31/17 ).

Beschluss des OLG Stuttgart vom 9.8.2017

In dieser Entscheidung hatten die Eheleute sich jeweils zu alleinigen Erben eingesetzt und eine Pflichtteilsstrafklausel angeordnet, wonach das Kind, welches nach dem Tod des Erstversterbenden den Pflichtteil geltend macht, auch nach dem Tod des Letztversterbenden enterbt werden sollte. Ein Kind machte nach dem Tod des Letztversterbenden den Pflichtteil am Tod des Erstverstorbenen geltend und beantragte gleichzeit einen Erbschein mit dem Inhalt, hälftiger Erbe nach dem Letztverstorbenen geworden zu sein. Das OLG Stuttgart bestätigte diese Rechtsauffassung mit der Begründung, dass die nach dem Tod des Letztversterbenden eingetretene hälftige Erbschaft nicht mehr durch nachträglich eintretende Bedingungen abgeändert werden könne, so dass ein Pflichtteilsverlangen nach dem Tod des Letztverstorbenen nichts mehr an der Stellung als Erbe des Letztverstorbenen ändern könne ( AZ 8 W 336/15 ).

BGH Beschluss vom 16.3.2017

In diesem Fall hatte der Verstorbene in seinem Testament angeordnet, dass etwaige Streitigkeiten über den Pflichtteil ausschließlich vor einem Schiedsgericht ausgetragen werden können. Der BGH hielt eine solche Anordnung für unwirksam. Ein Erblasser  könne durch  letztwillige  Verfügung nicht  wirksam anordnen, dass ein Streit über einen Pflichtteilsanspruch durch ein Schiedsgericht zu entscheiden sei. Möglich sei lediglich, dass der Erbe und der Pflichtteilsberechtigte nach Eintritt des Todes einvernehmlich eine Schiedsabrede treffen ( AZ I ZB 50/16 ).

LG Saarbrücken 15.2.2017

Die Erblasserin hinterließ zwei Söhne. Sie beerbte zunächst ihren Ehemann aufgrund eines Ehegattentestaments allein. Etwa 13 Jahre zuvor hatte sie zu notarieller Urkunde einen ihrer Söhne enterbt und ihm den Pflichtteil entzogen. Hierzu wurde in der Urkunde aufgenommen, dass der Sohn sie zunächst beschimpfte und bedrohte und er des Nachts bewaffnet bei ihr in die Wohnung eindrang und sie mit dem Tode bedrohte. Mit einer Waffe im Rücken überfiel er den Stiefvater und schoss ihm ins Gesicht. Der Vorfall wurde polizeilich gemeldet, die Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren jedoch ein. Nach dem Tod der Erblasserin erhob der Sohn Stufenklage gegen die gewillkürten Erben, um seinen Pflichtteil dennoch zu erlangen.

Die Mutter hat dem Sohn den Pflichtteil wirksam entzogen. Dieser hat sich eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Ehegatten der Erblasserin schuldig gemacht, wobei für die Schwere des Vergehens auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen ist. Der Kläger argmentierte, dass er lediglich mit der Sportluftpistole geschossen habe. Sein Bestreiten, dass er auf den Stiefvater gezielt habe, war nach Auffassung des LG Saarbrücken durch den in der notariellen Urkunde dargelegten Kernsachverhalt unbeachtlich. Durch sein Verhalten habe er die Verletzung des Opfers zumindest billigend in Kauf genommen, was eine grobe Missachtung des Eltern-Kind-Verhältnisses auch in Bezug auf die verstorbene Mutter als Erblasserin darstelle, denn hierin liege eine schwere Verletzung der der Erblasserin geschuldeten familiären Achtung. Da der Kernsachverhalt in Zusammenschau mit der eigenen Einlassung des Klägers für das LG bewiesen war, wurde ihm der Pflichtteilsanspruch zu Recht entzogen. Einer strafrechtlichen Verurteilung wegen des Entziehungsgrunds bedarf es nicht ( AZ 16 O 210/13 ).



BGH Urteil vom 29.6.2016

Nach § 2325 Abs. 1 BGB kann der Pflichtteilsberechtigte, wenn der Erblasser einem Dritten eine Schenkung gemacht hat, als Ergänzung des Pflichtteils den Betrag verlangen, um den sich der Pflichtteil erhöht, wenn der verschenkte Gegenstand dem Nachlass hinzugerechnet wird. Wenn sich der Erblasser bei der Schenkung eines Grundstücks ein Wohnungsrecht an diesem oder Teilen daran vorbehält, so kann hierdurch in Ausnahmefällen der Beginn des Fristlaufs gem. § 2325 Abs. 3 BGB gehindert sein. Eine Schenkung gilt nämlich nicht als im Sinne von § 2325 Abs. 3 BGB geleistet, wenn der Erblasser den „Genuss“ des verschenkten Gegenstandes nach der Schenkung nicht auch tatsächlich entbehren muss. Eine Leistung liegt vielmehr nur vor, wenn der Erblasser nicht nur seine Rechtsstellung als Eigentümer endgültig aufgibt, sondern auch darauf verzichtet, den Gegenstand im Wesentlichen weiterhin zu nutzen.

Der BGH entschied in einem Fall, bei dem sich die Übergeber ein Wohnungsrecht an der Erdgeschosswohnung des Mehrfamilienhauses vorbehalten hatten. Auch durfte der Übernehmer das Grundstück nicht zu Lebzeiten veräußern. Der BGH stellte fest, dass dieses Wohnungsrecht nichts am Beginn der 10 Jahresfrist ändert, weil sich dieses nur auf einen kleineren Teil der Wohnfläche bezieht und die Übergeber damit nicht mehr "Herr im Hause" seien AZ IV ZR 474/15 ).

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